Dem vorangegangen war ein intensiver Prozess, angestoßen durch die Initiative des NABU. Ziel der NABU-Initiative war es, Klarheit darüber zu schaffen, wie der naturverträgliche Ausbau der Windenergie gelingen kann: Welche Flächen im Land zum Schutz waldbewohnender Fledermaus- und windenergiesensibler Vogelarten von Windenenergieanlagen freizuhalten sind. Und wo der Windenergieausbau aus Artenschutzperspektive vorrangig und sogar beschleunigt möglich ist. Dazu haben NABU und Arbeitsgemeinschaft Fledermausschutz (AGF) Basis-Daten zu Artvorkommen erhoben bzw. erheben lassen.
Die von der Landesregierung eingesetzte „Task Force Erneuerbare Energien“ hat den NABU-Ansatz als geeigneten Weg eingestuft, um den Windenergieausbau in Baden-Württemberg naturverträglich zu beschleunigen. In der Folge hat die Landesanstalt für Umwelt (LUBW), aufbauend auf den Daten von NABU und AGF, den „Fachbeitrag Artenschutz für die Regionalplanung Windenergie“ entwickelt und eine Karte vorgelegt, die die Schwerpunkt-Räume für das Vorkommen von windenergiesensiblen Vögeln und waldbewohnenden Fledermäusen abbildet.
Nach Einschätzung des NABU kann der Fachbeitrag helfen, den Konflikt zwischen Artenschutz und Windkraft auf pragmatische Weise raumplanerisch zu entzerren. Jetzt ist es Aufgabe der Regionalverbände, im Rahmen der Regionalplanung die Interessen von Klima- und Artenschutz in Einklang zu bringen. Dazu müssen sie Vorranggebiete für die Windenergie in artenschutzrechtlich wenig konfliktreichen Bereichen ausweisen – und Schwerpunktvorkommen wirklich freihalten. Der NABU-Landesvorsitzende Johannes Enssle betont: „Die gute Nachricht ist, dass in Baden-Württemberg ausreichend große, windhöffige Flächen zu Verfügung stehen, um die Energiewende umzusetzen. Gleichzeitig wird dieses Konzept nur funktionieren, wenn flankierend über Artenhilfsprogramme in den Schutz windkraftsensibler Fledermaus- und Vogelarten investiert wird.“
Die NABU-Einschätzung des Fachbeitrags im Detail:
+ Erste Basis: Der Fachbeitrag ist eine Basis für die Regionalplanung, um bedeutende Artenvorkommen bei der Flächenauswahl für Windvorranggebiete zu schützen.
+ Konfliktarme Flächen: Wenn die Karte mit den Darstellungen im Windatlas überlagert wird, ergibt sich, dass auf 9,6 Prozent der Landesfläche genug Wind weht und gleichzeitig das Risiko für windenergiesensible Arten vergleichsweise gering ist. Die notwendigen 1,8 Prozent der Landesfläche für Windenergie können somit auf artenschutzrechtlich konfliktarmen Flächen zur Verfügung gestellt werden.
– Kollisionsgefahr für Fledermäuse: Beim ursprünglichen Ansatz lag der Fokus auf dem Lebensraumverlust. Das Kollisionsrisiko für Fledermäuse konnte damals noch ausgeblendet werden, weil durch das automatische Abschalten der Windenergieanlagen bei bestimmten Witterungen das Tötungsrisiko wirksam gesenkt werden konnte. Seit der Änderung des BNatSchG und der Einführung des § 45b dürfen Abschaltungen nur noch zeitlich begrenzt eingesetzt werden – gekoppelt an den Ertragsverlust der Betreiber. Der NABU hält es deshalb für fachlich geboten, die größeren bekannten Gebiete mit hoher Kollisionsgefahr in die Planung einzubeziehen. Standorte, an denen voraussichtlich mehr abgeschaltet werden müsste als die Deckelung zulässt, sollten nicht als Windvorranggebiet ausgewiesen werden.
– Keine rechtliche Verbindlichkeit: Es fehlt die vom NABU angestrebte rechtliche Verbindlichkeit, dass Windenergieausbau nur außerhalb der Schwerpunktvorkommen stattfindet.
– Nur bedingte Praxistauglichkeit: Durch die ausschließliche Fokussierung auf die Regionalplanung ermöglicht die Karte keinen schnellen Überblick für die vor Ort aktiven NABU-Gruppen in der Praxis bei anstehenden Planungen.
– Kritische Standorte fehlen: Dadurch, dass die von Forst BW ausgeschriebenen Flächen im Staatsforst nicht dargestellt werden, sind zum Teil kritische Standorte in der Karte nicht dargestellt.
Der NABU-Landesverband wird eine Karte mit Daten zu weiteren Schutzgebieten, Windhöffigkeit etc. bereitstellen, um sie für die Naturschutzarbeit praxistauglich zu machen.
NABU-Forderungen:
Für jeden Regionalverband finden Sie hier aufbereitete Karten, die sowohl die Schwerpunktvorkommen des Fachbeitrags als auch andere Naturschutzaspekte und das Windpotenzial zeigen und eine erläuternde Legende.
NABU und BUND haben einzelne Fragen zum Fachbeitrag, die uns von aktiven Mitgliedern erreichten, an die LUBW weitergeleitet. Die Fragensammlung mit den Antworten der LUBW finden Sie hier: