Ob Alleen mit altem Baumbestand, dichte Hecken, Efeuranken oder historische Mauern – viele Friedhöfe bieten wertvolle Lebensräume für Tiere wie Vögel, Insekten und Kleinsäuger. Auch die Bepflanzung der Gräber trägt zur biologischen Vielfalt bei. Zwischen Stiefmütterchen und Geranien wachsen mitunter auch Fette Henne, Wilde Karde oder Buschwindröschen.
Doch das Potenzial heimischer Wildpflanzen bleibt oft ungenutzt. Viele Angehörige kaufen Zierpflanzen im Baumarkt oder bei Gärtnereien, wo meist importierte und gezüchtete Sorten angeboten werden. Beliebt sind gefüllte, optisch auffällige Pflanzen wie Duftrosen oder Forsythien – schön anzusehen, aber ökologisch wertlos. Auch professionelle Friedhofsgärtner*innen stehen vor dieser Herausforderung. Dabei lässt sich durch den Einsatz heimischer Arten nicht nur die Artenvielfalt fördern, sondern oft auch Zeit und Pflegeaufwand reduzieren.
Die NABU-Friedhofs-AG zeigt mit naturnah gestalteten Mustergräbern, wie sich Biodiversität und Grabkultur miteinander verbinden lassen. Ziel ist es, Angehörige, Friedhofsgärtner*innen und Besucher*innen für ökologisch wertvolle Bepflanzungen zu begeistern.
Auf den Mustergräbern kommen ausschließlich heimische Wildstauden und – je nach Standort – auch Wildgehölze zum Einsatz. Sie bieten Insekten, Vögel und andere Tiere das ganze Jahr über Nahrung und Lebensraum. Gestalterisch ergänzt werden die Gräber durch natürliche Materialien wie Holz, Lehm oder Naturstein. Auch traditionelle Elemente wie Symbolpflanzen finden sich wieder – nur eben in heimischer Variante: Statt exotischer Lilien etwa das Vergissmeinnicht oder die weiße Lichtnelke.
Ideengeber für das Projekt sind u. a. das NABU NRW-Projekt „Schmetterlingsfreundlicher Friedhof“ sowie die Broschüre „Insektenfreundlicher Friedhof“ des BUND Baden-Württemberg.
Im Herbst 2025 wurde auf dem II. Sophien-Friedhof in Berlin-Mitte das erste naturnahe Mustergrab angelegt. Auf der sonnigen Fläche gedeihen nun unter anderem Glockenblumen, Skabiosen-Flockenblumen und Vergissmeinnicht, kombiniert mit der heimischen Felsenbirne. Zusätzlich entstanden ein Sandarium und ein Käferkeller – der alte Grabstein wurde als Teil der Gestaltung erhalten. So ergänzen sich hier heimische Bepflanzung und weitere Strukturelemente.
Sie möchten ein Grab naturnah bepflanzen und damit einen Beitrag zur Artenvielfalt leisten? Mit dieser Anleitung begleiten wir Sie Schritt für Schritt auf dem Weg zu einem ökologisch wertvollen und ästhetisch ansprechenden Grab.
Bevor Sie mit der Planung beginnen, klären Sie bitte, wer für die Grabgestaltung zuständig ist und welche Vorgaben auf dem Friedhof gelten. Auf städtischen Friedhöfen ist dies meist das Straßen- und Grünflächenamt, bei konfessionellen Friedhöfen in der Regel die Friedhofsverwaltung oder eine angeschlossene Gärtnerei. Ob Sie das Grab selbst pflegen oder eine Friedhofsgärtnerei damit beauftragen möchten, sollten Sie ebenfalls vorab entscheiden.
Tipp: Die wichtigsten Kontaktdaten finden Sie oft direkt am Eingang des Friedhofs oder auf dessen Website.
Liegt das Grab in der Sonne, im Schatten oder Halbschatten? Wie groß ist die Fläche, und gibt es bereits Pflanzen oder Gestaltungselemente, die erhalten bleiben sollen? Welche heimischen Pflanzenarten könnten dazu passen? Diese Überlegungen sind die Basis für Ihre naturnahe Planung.
Lassen Sie sich gerne von unseren Pflanzlisten inspirieren. Sie helfen Ihnen, passende Arten nach Lichtverhältnissen, Blühzeit und ökologischer Funktion auszuwählen.
Stellen Sie nun eine konkrete Pflanzliste zusammen, mit der Sie zur Friedhofsgärtnerei oder einer Bezugsquelle Ihrer Wahl gehen können. Achten Sie dabei auf Vielfalt – in Blütezeit, Wuchsform und Nutzen für Insekten oder Vögel. Je abwechslungsreicher die Auswahl, desto mehr Arten profitieren davon.
Natürlich dürfen auch ästhetische und symbolische Aspekte nicht zu kurz kommen – etwa durch die Wahl von Pflanzen, die für Sie oder Ihre Angehörigen eine besondere Bedeutung haben. Sollte Ihre Gärtnerei bestimmte Arten nicht führen, finden Sie auf unserer Website eine Liste ökologischer Bezugsquellen.
Auch gestalterische Elemente wie Sandflächen, Natursteine oder Totholz können Sie ergänzen. Hierfür können Sie häufig die Friedhofgärtner*innen nach Materialien, die bereits auf der Fläche vorhanden sind, fragen.
Sobald Sie die Pflanzen ausgewählt haben, kann es losgehen. Pflanzen Sie nach Ihren Vorstellungen, gießen Sie gut an und kontrollieren Sie in den ersten Wochen regelmäßig, ob die Pflanzen anwachsen. Viele heimische Arten kommen nach einer kurzen Eingewöhnungszeit sehr gut mit den Standortbedingungen zurecht – intensive Pflege ist dann meist nicht mehr nötig.
Ist Ihr Grab fertig gestaltet, freuen wir uns, wenn Sie Ihre Erfahrungen weitergeben. Schreiben Sie uns oder senden Sie uns Fotos an lvberlin@nabu-berlin.de. Auch in Ihrem persönlichen Umfeld können Sie andere auf das Thema aufmerksam machen – so tragen Sie dazu bei, naturnahe Grabgestaltung sichtbarer und selbstverständlicher zu machen.
Und falls eine solche Gestaltung auf Ihrem Friedhof (noch) nicht gestattet ist? Dann setzen Sie sich für eine Änderung der Friedhofsordnung oder -satzung ein! Suchen Sie das Gespräch mit der Verwaltung. Oft sind Verantwortliche offen für neue Ideen – vor allem dann, wenn sie konkrete Beispiele sehen und gut über die Vorteile informiert sind. Der NABU Berlin unterstützt Sie gerne mit fachlichem Hintergrund und Praxisbeispielen.
Text: Janna Einöder, 23.06.2025
Auch in Berlin gibt es mittlerweile ein reichhaltiges und zuverlässiges Angebot ökologisch oder regional erzeugter Sämereien und Pflanzen sowie alter Sorten. Im Gartencenter um die Ecke wird eher vergeblich danach suchen. Eine Auswahl: Mehr →