Zu viele Wertstoffe landen im Restmüll

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Restmüll sollte der Abfall sein, der nach der Mülltrennung übrig bleibt. Doch Zahlen belegen: In der schwarzen Tonne landen vor allem Bioabfälle und Wertstoffe wie Altpapier und -glas. Statt in ein Re…

Das schlummernde Potenzial in der schwarzen Tonne


In keine Mülltonne werden so viele Abfälle geworfen wie in die Restmülltonne. Im Jahr 2023 fielen in Deutschland 12,8 Millionen Tonnen Rest- beziehungsweise Hausmüll an. Das sind pro Kopf durchschnittlich 151 Kilogramm. Zum Vergleich: In der Biotonne landen im Durchschnitt jährlich 61 Kilogramm und an Altpapier fallen 56 Kilogramm pro Einwohner*in an.

In den Zahlen sind auch sogenannte hausmüllähnliche Gewerbeabfälle enthalten, beispielsweise der Restmüll, der in Bürogebäuden anfällt. Dieser gewerbliche Anteil beträgt in städtischen Gebieten zehn bis 25 Prozent und im ländlichen Raum unter zehn Prozent des gesamten Restmülls.


Restmüll auf einen Blick

  • Jeder Mensch in Deutschland wirft pro Jahr durchschnittlich 151 Kilogramm Abfälle in die schwarze oder graue Tonne.
  • Der Inhalt der Restmülltonne wird vorrangig verbrannt.
  • Nur ein Drittel dieser Abfälle ist „echter“ Restmüll; zwei Drittel sind Bioabfälle und Wertstoffe, die in ein Recycling gehen könnten.
  • Die EU hat das Ziel, die Restmüllmenge bis 2030 zu halbieren.
  • Abfallvermeidung und Mülltrennung sind die Schlüssel.
  • Abfallberatung und ein nutzungsfreundliches Angebot an Mülltonnen (z.B. Biotonne, Wertstofftonne) sind Grundvoraussetzung für bessere Mülltrennung.

Der überwiegende Teil des Restmülls wird nach der Tonnenleerung direkt in die insgesamt 66 Müllverbrennungsanlagen in Deutschland gefahren und dort verbrannt. Ein kleinerer Teil geht in mechanisch-biologische Aufbereitungsanlagen. Dort werden heizwertreiche Abfälle zu Ersatzbrennstoffen aufbereitet, die anschließend in Zement- oder Kohlekraftwerken verbrannt werden. Energiearme Abfälle werden häufig biologisch behandelt und schließlich deponiert.

Von den Abfällen, die in der Restmülltonne landen, geht somit der Großteil unwiederbringlich in Rauch auf. Einzig Metalle können nach der Verbrennung oder im Zuge der mechanisch-biologischen Behandlung für ein Recycling zurückgewonnen werden.


Die gesetzlich verbindliche Abfallhierarchie schreibt aber vor, dass Abfälle in erster Linie vermieden, wiederverwendet oder recycelt werden müssen. Die Verbrennung steht erst an vierter Stufe. Die Europäische Kommission hat daher das Ziel ausgerufen, bis 2030 die Restmüllmenge in der EU zu halbieren. In Deutschland dürften dann nur noch gut 75 Kilogramm pro Kopf anfallen. Das kann erreicht werden, wenn Abfälle generell vermieden und die nicht vermeidbaren Abfälle besser getrennt werden.

Landet mehr Bioabfall in der Biotonne, Altpapier in der Papiertonne oder Verpackungsabfall aus Kunststoff im gelben Sack oder der gelben Tonne, verringert sich die Restmüllmenge.


Zu viele Wertstoffe landen in der Restmülltonne

Das Potenzial ist enorm: Einer Studie des Umweltbundesamts zufolge sind zwei Drittel des Inhalts der Restmülltonne Abfälle, die eigentlich getrennt gesammelt und einem Recycling zugeführt werden könnten. Den größten Anteil nimmt dabei Bioabfall mit knapp vierzig Prozent ein. Aber auch Wertstoffe wie Altpapier, Verpackungsabfälle oder Elektroaltgeräte machen zusammen knapp 28 Prozent des Inhalts der schwarzen Tonne aus. Hinzu kommt ein halbes Prozent Problemstoffe wie Batterien oder Energiesparlampen. Im Umkehrschluss bedeutet diese fehlerhafte Mülltrennung, dass nur ein Drittel der Tonne „echter“ Restmüll wie Kehricht, Asche, Zigarettenkippen oder Staubsaugerbeutel ist.

Vereinfacht formuliert gilt: Je schlechter die Mülltrennung, desto mehr Restmüll. Das Restmüllaufkommen ist somit ein guter Indikator dafür, wo wir auf dem Weg zu einer Kreislaufwirtschaft stehen. Der NABU hat die Restmüllmengen in Deutschland auf Ebene der Städte und Kreise analysiert und einige interessante Erkenntnisse gewonnen.


Haushalte brauchen ein besseres Tonnenangebot

Mülltrennung ist nicht nur Aufgabe der Bürger*innen. Kommunen und Abfallbetriebe müssen ein möglichst nutzerfreundliches Angebot an Mülltonnen und Entsorgungsmöglichkeiten anbieten. Das ist die Grundvoraussetzung dafür, dass Abfälle besser getrennt werden und nicht mehr im Restmüll landen. Diese ist jedoch keinesfalls überall erfüllt.

Eine NABU-Analyse zu Bioabfällen zeigt, dass in 13 Prozent der Landkreise und kreisfreien Städte in Deutschland die Biotonne nicht flächendeckend angeboten wird. In weiteren 15 Prozent gibt es die Biotonne lediglich auf freiwilliger Basis. Dies äußert sich auch in den Abfallsammelmengen: In Städten und Kreisen mit einer verpflichtenden Biotonne landen durchschnittlich pro Kopf um die 35 Kilogramm weniger Abfälle im Restmüll als in Kreisen ohne Biotonne oder mit freiwilliger Biotonne.

In den meisten Kreisen und Städten in Deutschland gibt es außerdem keine bequeme Möglichkeit, Plastik- und Metallabfälle, die keine Verpackungen sind (die sogenannten stoffgleichen Nichtverpackungen), getrennt zu sammeln. In die gelbe Tonne oder den gelben Sack dürfen nur Verpackungsabfälle. Kaputtes Plastikspielzeug oder alte Töpfe landen daher meist im Restmüll. Abhilfe kann die Wertstofftonne schaffen, in der sowohl Verpackungen als auch andere Abfälle aus Kunststoff, Metall und Verbundstoffen entsorgt werden können. Allerdings gibt es keine bundesweite Vorgabe, Kommunen ist es freigestellt, eine Wertstofftonne einzuführen. Aktuell steht sie daher nur rund 15 Millionen Bürger*innen zur Verfügung.


Die Restmüllmenge ist in Großstädten am größten

In Großstädten landet mehr Abfall in der Restmülltonne als in kleinstädtischen und ländlichen Kreisen. Dies kann nur teilweise damit erklärt werden, dass in Großstädten die Menge an gewerblichem Restmüll aufgrund der höheren Dichte an Büros und Geschäften größer ist. Die Zahlen deuten darauf hin, dass die Mülltrennung in Städten schlechter ist und somit weniger Abfälle in der Biotonne, der Altpapiertonne oder dem gelben Sack und stattdessen mehr Abfälle im Restmüll entsorgt werden.


Es braucht daher spezielle Maßnahmen, um die Abfälle in Großstädten besser getrennt zu sammeln. Neben einer umfassenden und modernen Abfallberatung vonseiten der Verwaltung und der Abfallbetriebe müssen die Abfallgebührensysteme finanzielle Anreize für die Bürger*innen schaffen, ihren Müll richtig zu trennen. Bei sogenannten verursachergerechten Gebührensystemen wird mittels eines Ident-Systems, die individuelle Abfallmenge und die entsprechende Abfallgebühr eindeutig dem einzelnen Haushalt zugeordnet. Bezahlt man nur für die Menge an Abfall, die man selbst produziert, ist das ein Anreiz, Abfälle sowohl zu vermeiden als auch getrennt zu sammeln. In einem Pilotprojekt in Großwohnanlagen in Berlin konnte durch die Umstellung des Gebührensystems, verbunden mit gezielter Abfallberatung und Reinigung der Sammelplätze, die Abfallmenge in der Restmülltonne innerhalb von drei Jahren von über 230 Kilogramm auf 84 Kilogramm pro Kopf reduziert werden.


Städte mit Müllverbrennungsanlagen produzieren mehr Restmüll

Die NABU-Analyse zeigt einen Zusammenhang zwischen der Restmüllmenge und der Verfügbarkeit einer Müllverbrennungsanlage (MVA) vor Ort. Während in kreisfreien Großstädten mit MVA durchschnittlich pro Kopf 194 Kilogramm Restmüll anfallen, sind dies in Großstädten ohne MVA „nur“ 165 Kilogramm.

Die Zahlen deuten darauf hin, dass MVAs den kommunalen Handlungsspielraum reduzieren, Abfälle umfänglich getrennt zu erfassen. Einmal getätigte Investitionen in die Modernisierung oder sogar den Neubau von Verbrennungsanlagen führen zu langfristigen finanziellen und infrastrukturellen Abhängigkeiten. Denn für den rentablen Betrieb müssen die Anlagen mindestens zu siebzig Prozent, besser sogar zu mehr als achtzig Prozent ausgelastet sein. Der Nachschub an Restmüll darf daher nicht abreißen, was dazu führt, dass es die Anreize fehlen, Abfälle zu vermeiden und mehr zu recyceln.


Das fordert der NABU:

  • Umsetzung der Nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie und Einführung von verbindlichen Ökodesign-Anforderungen, um mit langlebigen, reparierbaren und wiederverwendbaren Produkten Abfälle zu vermeiden.
  • Gesetzliche Ziele und Maßnahmen für die Reduktion der Gesamtabfallmenge sowie einzelner Abfallfraktionen, z.B. Verpackungsabfälle, Lebensmittelabfälle oder Einwegartikel
  • Pflicht-Biotonne als bundesweiter Standard für die flächendeckende Getrenntsammlung von Bioabfällen (mehr Informationen hier)
  • Bundesweite Einführung einer Wertstofftonne im Rahmen eines Wertstoffgesetzes (mehr Informationen hier)
  • Allgemeine Qualitätsstandards für die Abfallberatung durch Kommunen, Entsorger und duale Systeme
  • Verursachergerechte Gestaltung der Abfallgebühren verbunden mit Tonnenkontrollen zur Sicherstellung hoher Sammelqualitäten
  • Kommunale Zero-Waste-Konzepte zur schrittweisen Reduzierung der Verbrennungskapazitäten
  • Verteuerung der Müllverbrennung durch CO2-Bepreisung

Beitrag vom Oktober 2025; die Angaben zu den Abfallsammelmengen beziehen sich auf 2023.


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